Haben Sie den Namen Hohner schon einmal gehört? Wenn ja, dürften Sie ihn vermutlich mit Akkordeons oder Mundharmonikas in Verbindung bringen. Bei Hohner wurde zwar bereits in den 1930er Jahren auch mit elektronischer Klangerzeugung experimentiert und es gab nach dem zweiten Weltkrieg viele Jahre lang elektronische Orgeln und Keyboards aus einer eigenen Elektronik-Fertigung in Trossingen. Das ist aber trotzdem denkbar weit von der Konstruktion und dem Bau von Computern entfernt. Das in den 60er Jahren nachlassende Interesse an Volks- und Hausmusik und der folgende Rückgang des Umsatzes in den angestammten Produktbereichen brachte die Verantwortlichen zum Nachdenken.
Daher entschied man sich im Jahr 1966 bei Hohner, im damals erst langsam anlaufenden Geschäft mit Computern mitzumischen. Der damalige Chef des Familienunternehmens Walter Hohner - im Gründungsjahr 1968 immerhin bereits 54 Jahre alt - wählte als Einstieg die Produktion von Baugruppen für IBM und die Fertigung von Taxi-Funkgeräten im Auftrag von Siemens. Kurz darauf entstand unter der Regie von Managern, die Hohner bei IBM und Nixdorf abgeworben hatte, der erste Computer namens "Praetor". Die ersten Geräte wurden ins Ausland geliefert. Hohner arbeitete dabei mit der Firma Ruf International AG aus Zürich zusammen, die die Geräte unter eigenem Namen verkauften. Für den Vertrieb in Deutschland gründete Hohner 1969 die Firma GeDaCom (Gesellschaft für Datensysteme + Computer mbH, später in GDC umbenannt) in Kassel. In den ersten vier Jahren verkaufte Hohner über 2500 Geräte, von denen 2000 ins Ausland gingen. 1971 machte die Computerfertigung mit einem Umsatz von 76 Millionen Mark etwa ein Viertel des Jahresumsatzes aus. Bis 1980 wollte Hohner den Anteil auf 50% steigern. Leider sollte es anders kommen.
Hohner hatte sich auf die mittlere Datentechnik spezialisiert – also den damals kleinsten Typus von Computern. Arbeitsplatzrechner gab es Ende der 1960er ja noch keine. In den meisten Fällen wurden die Computer als Fakturierautomaten oder Buchungsmaschinen genutzt. Für diesen Zweck reichte eine spartanische Hardware-Ausstattung von wenigen hundert Bytes Arbeitsspeicher, der bei den meisten Maschinen ausschließlich für Daten verwendet wurde. Das Programm befand sich in einem Festspeicher und wurde bereits bei der Herstellung integriert. Erst Anfang der 70er Jahre erhielten die Hohner-Computer zunehmend Universal-Speicher, der zwischen Daten und Programmen aufgeteilt werden konnte.
Die Computer wurden in einer Assemblersprache programmiert. Die Befehle hatten eine Wortlänge von 20 Bit. Um auf einem Computer programmieren zu können, musste der mit einem "Lebensspeicher" ausgestattet werden, der typischerweise 4K x 20 Bit groß war und um die 40000 Mark kostete. War das Programm fertig entwickelt und getestet, wurde es in einen Festspeicher übertragen, d.h. das Programm wurde Bit für Bit in Handarbeit gefädelt. Jedes Programm entstand im Kundenauftrag individuell. Bezahlt wurde pro Assemblerbefehl. Zum Preis des Computers kamen demzufolge noch mehrere Tausend Mark für das Anwendungsprogramm hinzu.
Die Ausbildung zum Programmierer steckte damals noch in den Kinderschuhen. Die Tätigkeit wurde daher überwiegend von Quereinsteigern ausgeübt, die zuvor ganz andere Berufe gelernt hatten und über Kurse und Schulungen qualifiziert wurden.