Rockwell AIM 65

Rockwells AIM 65 ist einer der klassischen Einplatinen-Experimentiercomputer. Er gilt als Nachfahr des KIM-1, mit dem er aber nur einige Erweiterungen austauschen kann. Ansonsten unterscheidet er sich massiv: Auf der Hauptplatine ist ein 20stelliges alphanumerisches Display montiert und ein kleiner Thermodrucker mit ebenfalls 20 Zeichen Druckbreite. Die Tastatur ist von guter Qualität und hat ein normales Schreibmaschinenlayout. Über ein kurzes Flachbandkabel wird sie mit der Hauptplatine verbunden.

Serienmäßig wurde der AIM 65 ohne Gehäuse und ohne Stromversorgung geliefert. Die beiden Platinen konnte der Anwender einfach lose auf den Schreibtisch legen oder über bereits vorhandene Löcher auf eine Grundplatte montieren. Es gab auch eine Reihe von Gehäusen dafür. Das abgebildete Gerät ist in der unteren Hälfte eines von Rockwell selbst angebotenen Gehäuses montiert, welches aus äußerst lausigem Material besteht.

Im Grundzustand waren 1 KB RAM in Gestalt von zwei 2114-Chips eingebaut. Sechs weitere Sockel sind frei, über die man den Speicher auf 4 KB erweitern konnte. Man konnte das Gerät auch bereits voll ausgestattet kaufen. Von den fünf vorhandenen Sockeln für ROMs waren standardmäßig ebenfalls nur zwei bestückt mit dem Maschinensprache-Monitor, einem Zeileneditor und den Basisroutinen zur Ansteuerung von Display, Drucker und Peripherie. Von Rockwell wurde ein Satz mit zwei weiteren ROMs angeboten, in denen ein Basic-Interpreter von Microsoft gespeichert war. Außerdem gab es einen Assembler in einem weiteren ROM-Chip. Damit war die ROM-Bank komplett bestückt.

Der Systemaufbau basiert komplett auf Bausteinen der 65xx-Familie. Neben dem 6502-Prozessor sind dies eine 6520 PIA für das Display, eine 6522 VIA für Drucker und Kassetteninterface, eine weitere 6522 VIA für Geräte an der Erweiterungsschnittstelle und ein 6532 RIOT für die Tastatur. Die beiden Platinenstecker am hinteren Ende des Mainboards sind für Erweiterungen vorgesehen. Der von vorn gesehen linke Anschluss führt die I/O-Signale nach außen, der rechte den Systembus.

Links neben dem Display befinden sich zwei Schalter. Der eine (KB/TTY) ermöglicht die Umschaltung zwischen der zum Gerät gehörenden Tastatur und einem extern angeschlossenen Fernschreiber oder Terminal (TTY = Teletype). Der andere schaltet zwischen dem Normal- (RUN) und einem Einzelschrittmodus (STEP) um. Bei letzterem löst jeder im RAM ausgeführte Befehl eine Systemunterbrechung (NMI) aus. Im Display wird dann der auszuführende Befehl angezeigt und man kann das Programm so Schritt für Schritt abarbeiten.

Die Bedienung des Geräts erscheint äußerst archaisch. Nach dem Einschalten befindet man sich im Maschinensprache-Monitor, der über nicht ganz intuitive Einbuchstaben-Befehle bedient wird. Man kann den Speicher betrachten oder verändern und Maschinensprache-Befehle als Mnemonics eingeben und anzeigen lassen. Um in den Basicinterpreter zu wechseln, gibt man (wieso auch immer) den Befehl „5“ ein.

Insbesondere die Programmentwicklung mit dem Assembler muss bei größeren Projekten durch den winzigen Arbeitsspeicher eine echte Plage gewesen sein. Um das Programm einzugeben, wird der äußerst spartanische Zeileneditor benutzt. Da man immer nur eine Zeile sehen kann, muss man den Rest des Programms entweder im Kopf haben oder immer wieder Ausdrucke machen. Ist das Programm fertig für einen Assemblerlauf, wird es zunächst auf Kassette gespeichert. Die Assemblierung läuft in zwei Durchgängen ab. Beides mal wird das gespeicherte Programm von Kassette zugespielt, weil der Arbeitsspeicher für die Symboltabelle benötigt wird. Aus diesem Grund muss beim zweiten Lauf auch ein zweiter Kassettenrekorder angeschlossen werden, der mit gedrückter Aufnahmetaste das fertige Programm aufzeichnet. Dieses kann dann am Ende eingeladen und getestet werden. Das ganze Prozedere erinnert am ehesten an frühe Großrechner.

Die ganze Beschreibung dürfte deutlich gemacht haben, dass der AIM 65 kein Homecomputer ist. Man kann ihn sich aber gut als Steuerungscomputer für die Haustechnik oder die Modellbauanlage vorstellen. Rockwell empfahl das Gerät auch für Maschinensteuerungen und als preiswertes 6502-Entwicklungssystem. Auch als Schulcomputer sollte der AIM 65 zu gebrauchen sein. Welche dieser Anwendungen tatsächlich nennenswert verbreitet waren, entzieht sich meiner Kenntnis. Auf alle Fälle war der AIM 65 eine Zeitlang sehr populär und wurde einige 10000 mal verkauft. Ende der 70er Jahre war das schon eine recht stattliche Zahl.