Atari ST Book

Das ST Book ist der Nachfolger von Atari's erstem tragbaren Rechner mit ST-Technologie, dem Stacy. Größer könnte der Kontrast im direkten Vergleich der beiden Geräte wohl kaum ausfallen: war der Stacy noch in Gewicht und Größe recht stattlich, kommt das ST Book als relatives Leichtgewicht im ultraflachen Gehäuse (Höhe nur noch ca. 3 cm !) auf der Grundfläche eines Din A4-Bogens daher und erinnert bereits stark an aktuelle Notebooks.

Die technischen Daten waren für 1991 zwar nicht spektakulär, aber durchaus Stand der Technik: eingebaute 2.5"-Festplatte mit 40 MB Kapazität, 1 MB Ram (zu horrenden Kosten auf 4 MB erweiterbar), großes monochromes LCD-Display. Gleichzeitig wurden einige Änderungen eingeführt: Auf die Hintergrundbeleuchtung des Bildschirms wurde zur Platz- und Energieersparnis verzichtet, was der Akkulaufzeit sehr zugute kommt, die Nutzung bei schlechtem Licht allerdings deutlich erschwert. Das beim Stacy noch eingebaute Diskettenlaufwerk ist ebenfalls entfallen; stattdessen müssen die Daten per Linkkabel und dem im ROM eingebauten Programm "ST-Trans" nach außen übertragen werden. Allerdings gab es hier bald auch von Drittherstellern Lösungen, die ein externes Diskettenlaufwerk über den kombinierten ACSI-/Floppyport anbinden - die von Atari selbst angekündigte Floppy ist leider nie erschienen. Recht innovativ (obwohl gewöhnungsbedürftig in der Bedienung) war das als Mausersatz gedachte "Vector Pad" rechts oberhalb der Tastatur, das als Zwischenschritt vom Trackball zu den heute üblichen Touchpads gelten könnte.

Öffnet man die an der Rückseite des ST Book befindliche Abdeckklappe, offenbart sich aber auch gleich ein Grundproblem des Rechners: Atari hat einige der bei der ST-Serie üblichen Schnittstellen völlig neu gestaltet, andere sogar wegfallen lassen. Insbesondere die für Musiker interessanten MIDI-Schnittstellen sind dank der Verwendung nicht-standardmäßiger Mini-DIN-Buchsen nur noch mit speziellen Adaptern nutzbar - ein deutlicher Rückschritt im Vergleich zum Stacy. Der beim ST Book kombinierte Stecker für ACSI und Floppy war ohnehin eine neue "Errungenschaft", und das Netzteil wartete mit einem dreipoligen Spezialanschluß auf, der Ersatz fast unmöglich macht. Wenigstens ein 9-poliger serieller DSub-Anschluß sowie der parallele Druckerport sind aber noch unverändert vorhanden - über diese Standard-Schnittstellen wird letztlich auch der Datentransfer mit der Außenwelt abgewickelt.

Interessant ist auch der Komplex der Stromversorgung gelöst. Der eingebaute Akku wird bei angeschlossenem Netzteil in Rekordzeit geladen (in ca. 1.5 Stunden). Bei längerer Nichtnutzung des Rechners fällt dieser (auch bei Netzversorgung) in einen Sleep-Modus, in dem der gesamte Speicherinhalt erhalten bleibt; damit ist das ST Book nach erneutem Druck auf die Power-Taste sofort für die Weiterarbeit bereit. Zusätzlich befindet sich unterhalb des Displays eine "Sleep"-Taste, mit der das Notebook manuell in Schlaf versetzt werden kann - beim Zuklappen des Geräts im laufenden Betrieb sorgt eine Nase am Gehäuse automatisch für deren Betätigung. Durch solche Stromsparmethoden und den Verzicht auf die energiefressende Hintergrundbeleuchtung lassen sich somit Laufzeiten zwischen 5 und 10 Stunden mit einer Akkuladung erreichen.

Man sieht Atari's ST Book deutlich die Wunsch-Zielgruppe der professionellen Anwender und Designliebhaber an; spielfreudige Zeitgenossen dürfte schon der fehlende Monitorport und die damit einhergehende Beschränkung auf die monochrome Grafik vom Kauf abgehalten haben, die Abwesenheit eines Joystickports fiel da nicht mehr ins Gewicht. Letztlich stand aber auch der hohe Preis (4000 DM) einer weiteren Verbreitung entgegen, und dank der Kompromisse bei Ausstattung und Schnittstellen konnte man bei kritischer Betrachtung in allen wichtigen Anwendungsbereichen Nachteile finden, die bei anderen Modellen des Atari ST besser gelöst worden sind.

Das St Book dürfte zu den seltensten Geräten überhaupt zählen: insgesamt hat Atari von diesem Modell nur etwa 1000 Examplare gefertigt, die ausschließlich in Europa offiziell vertrieben wurden. Nach der ersten Produktvorstellung im März 1991 dauerte es immerhin noch mehr als ein Jahr (bis Mai 1992), bis die ersten Geräte überhaupt zu kaufen waren, und bereits Anfang 1993 wurden Produktion und Vertrieb wieder eingestellt.