Commodore Web.it

Große Überraschung für die verbliebenen Fans des C-64: Die 90er Jahre waren fast vorbei und nach über fünf Jahren Abstinenz lag plötzlich wieder ein C-64 in den Elektrohandels-Regalen. Mit dem Original hat das Gerät allerdings herzlich wenig zu tun. Der Hersteller heißt "Web Computers" und hatte seinen Sitz in Antwerpen. Der Name "Commodore 64" wurde für dieses Produkt eigens lizensiert.

Optisch erinnert der Commodore 64 Web.it an ein halbes Notebook der untersten Preisklasse - die Oberseite ziert eine Tastatur und ein Touchpad mit zwei Mausersatz-Tasten, links befinden sich zwei PC-Card-Einschübe und rechts ein Diskettenlaufwerk. Auf der Rückseite sind die typischen PC-Schnittstellen versammelt. Über einen Videoausgang kann der Web.it an einen Fernseher angeschlossen werden, ein VGA-Anschluss ist aber auch vorhanden. Was gegenüber einem Notebook fehlt, ist natürlich der Deckel mit dem Display, aber auch der Akku und die Festplatte.

Dafür ist ein Modem eingebaut und dieses sollte dem Web.it den Weg ins Internet ermöglichen. Softwareseitig ist dazu ein Netscape Webbrowser installiert. Das 16 MB große ROM enthält eine ganz erstaunliche Menge an Software: Auf der Basis von DOS 7 läuft ein Windows 3.1, dessen typische Bestandteile (Datei- und Programmmanager) jedoch fehlen. Dafür hat der Web.it eine eigene Oberfläche mit schön großen Symbolen, die auf etlichen Seiten verteilt sind und die Bedienung etwas umständlich machen. Neben einigen der bekannten Windows-Dreingaben (Editor, Write, Paintbrush, Minesweeper) sind auch drei Programme von Lotus enthalten: Die Textverarbeitung AmiPro, der Tabellenkalkulations-Klassiker 1-2-3 und der Terminplaner Organiser.

Und um seinen Namen zu rechtfertigen enthält der Web.it auch noch einen C-64-Emulator. Programme für diesen fehlen jedoch. Der Hersteller beabsichtigte, Spiele auf PC-Cards anzubieten. Alternativ können auch C-64-Diskimages aus dem Internet heruntergeladen oder per Diskette von einem PC übertragen werden.

Durch das im ROM eingebaute Betriebssystem hat der Web.it den Vorteil, sehr schnell hochzufahren. Man kann ihn über eine Sleep-Taste auch schlafenlegen und dann startet er auf Tastendruck fast verzögerungsfrei. Aus lauter Begeisterung für dieses innovative Feature haben die Entwickler dafür einen richtigen Einschalter komplett vergessen. Als Ersatz für die fehlende Festplatte hat der Web.it ein 2 MB großes Flash-ROM eingebaut, auf dem Daten gespeichert werden können. Es wird dazu mit einem Laufwerksbuchstaben eingebunden.

Etwas enttäuschend für einen Computer von 1998 ist die Rechenleistung: Im Web.it werkelt ein Embedded-Prozessor von AMD, der etwa in der 486er-Liga spielt. Damals aktuelle PCs liefen mit einem Pentium II und waren um Welten schneller.

Ein echtes Schnäppchen war der Web.it angesichts seiner Performancedaten nicht und das dahinter stehende Konzept war der Kundschaft offenbar auch nicht so richtig zu vermitteln, trotz des klangvollen Namens. Angeblich geistern noch immer Restposten dieses Gerätes durch Elektromärkte und die Wühlkisten der Restpostenverramscher. Offenbar hatte man sich bei der Produktionsmenge um eine Größenorgnung vergriffen.